Oftmals aber sind rein konservative Therapieansätze nicht hinreichend und es wird essenziell, die Wechselwirkung zwischen Belastung, Beanspruchung und Entzündung genauer zu verstehen. Mit dem neu eingerichteten Bereich Advanced Therapies (Leitung Tobias Winkler) entwickelt das JWI Advanced Medicinal Therapeutic Products (ATMPs) zur Regeneration von Muskel- und Knochenverletzungen bis zur klinischen Zulassung. Dabei steht – neben dem Aufbau verletzten Gewebes, inhaltlich die Immunmodulation im Zentrum der Arbeiten des Instituts. Mit Hilfe von präklinischen Modellsystemen konnte gezeigt werden, wie zentral Entzündung – und besonders deren gezielte Herunterregulation - für eine schnelle Regeneration ist.
In Biologie der Knochenheilung werden die Grundlagen für neuartige Therapien der Immunmodulation entwickelt (Leitung Katharina Schmidt-Bleek). Dabei zeigte sich, wie modellhaft Knochenheilung für endogene Regeneration ist: Im Gegensatz zu vielen anderen Organen heilt Knochen bis ins hohe Alter ohne Narbenbildung. Bei chronischer Entzündung oder metabolischen Erkrankungen verändern sich Heilungskaskaden. Bei komplexen Verletzungsmustern, wie bei einem Polytrauma, kann Heilung verbessert oder verschlechtert werden.
Die Mitarbeiter erforschen diese Modulation von Knochenheilung durch das zentrale Nervensystem in der Molekularen Traumatologie, um die effektive Frakturheilung nach einem Schädel-Hirn-Trauma besser verstehen zu können (Leitung Serafeim Tsitsilonis).
Ausgehend von dem grundsätzlichen Verständnis von Heilung werden in der Muskuloskeletale Zellbiologie Testsysteme zur (prospektiven) Identifikation von Patienten mit eingeschränktem Heilungspotenzial entwickelt (Leitung Sven Geissler).
Insbesondere die Analysen zu den Metallintoxikationen bei Revisionspatienten haben dazu motiviert, diese Forschungsansätze in eine reguläre Diagnostik am CMSC zu überführen. Zentral für die Forschungsfragen am JWI ist gut charakterisiertes primäres Patientenmaterial verbunden mit der Möglichkeit einer klinischen Nachverfolgbarkeit des Spenders. Hierfür konnte eine entsprechende Core Unit Cell Harvesting aufgebaut werden, die die Basis für viele Forschungsprojekte in der ganzen Charité bildet (Leitung Simon Reinke).
Im Bereich der Sehnenregeneration zeigt sich, wie wichtig die Mechanik-Immunologie-Kopplung und wie relevant adaptive Immunität für Heilungschancen – bzw. Narbenbildung – bei Schulter- und Achillessehnenverletzungen ist (Leitung Franka Klatte-Schulz).
Im Sinne von Julius Wolff sind (Bio-)Materialien essenziell für die Geweberegeneration und Wiederherstellung der Homöostase. Von zentraler Bedeutung sind die mechano-biologischen Wechselwirkungen von Zellen mit ihrer extrazellulären Matrix (ECM) als auch, wie Materialien Zellen beeinflussen und Heilung ermöglichen. Mit der Zellulären Biomechanik bringt das Institut innovative Biomaterialien zum Beeinflussen von zellulären Prozessen in die Klinik (Leitung Ansgar Petersen).
Dabei ist es bedeutsam, die mechano-biologische Kopplung zu verstehen, um sie auch nutzbar machen zu können. Dazu entschlüsselt die Forschungsgruppe in der Computergestützten Mechanobiologie die Prinzipien der mechano-biologischen Kopplung von Zellen und Matrix (Leitung Sara Checa). Diese Kopplung ist nicht nur in der Geweberegeneration von Knochen und Muskeln zentral, sondern hat insbesondere auch für degenerative Erkrankungen der Wirbelsäule eine herausragende Bedeutung.
Aufbauend auf telemetrischen Messungen der Belastungen wird in der Biomechanik der Wirbelsäule mit Hilfe numerischer Methoden und In-vivo-Messungen der Rückenbeweglichkeit die Kopplung von Bewegung, Belastung und Beanspruchung bei Patienten und Gesunden untersucht (Leitung Hendrik Schmidt).
Zunehmend wird deutlich, dass auch in Orthopädie und Unfallchirurgie eine systemmedizinische Betrachtung – also über Organ und Systemgrenzen hinweg zu Gunsten einer ganzheitlichen Perspektive – wichtig für ein tiefergehendes Verständnis von Krankheitsentstehen und die Entwicklung regenerativer Therapieansätze ist. Die Entschlüsselung der Wechselwirkung von Wirbelsäule, Becken und Hüftgelenk ist essenziell für das Verstehen von Gewebedegeneration in dieser zentralen Skelettachse. Hier zeigt sich erneut, wie zentral die adaptive Immunität für die Knochenformation bei der spinalen Fusion ist (Leitung Matthias Pumberger).